Nach wie vor zu wenige Organspender in Deutschland

Auf eine Million Einwohner kommen hierzulande nur zehn Organspender – viel zu wenige für den Bedarf. So erhält nur etwa jeder zweite Patient auf der Warteliste für Spenderherzen rechtzeitig ein rettendes Fremdorgan.

„Ein Spenderherz kann einem unter schwerer Herzschwäche leidenden Empfänger noch viele zusätzliche Lebensjahre schenken“, betont der Kardiologe und Internist Dr. Rüdiger Zorn von der Kranoldpraxis in Berlin-Lichterfelde. „Bei mehr als der Hälfte der Herztransplantierten beträgt das Plus an Lebenszeit mehr als ein Jahrzehnt.“

Trotz dieser guten Prognose sind die 664 Herzkranken, die in Deutschland auf der Warteliste für eine Organtransplantation stehen (Stand: Anfang 2025), einem fatalen Glücksspiel ausgeliefert. Nur etwa jeder zweite von ihnen erhält rechtzeitig ein rettendes Spenderorgan. Denn die Organspendebereitschaft der Bundesbürger verharrt auf niedrigem Niveau. Auf eine Million Einwohner kommen lediglich zehn Organspender.

Die herzmedizinischen Fachgesellschaften appellieren daher an die Bevölkerung, sich einen Organspenderausweis zuzulegen. So mahnt etwa der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Herzchirurgie Dr. Andreas Beckmann: „Die Chance, ein geeignetes Herz transplantiert zu bekommen, hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Dies führt unter anderem dazu, dass Betroffene auf der Warteliste sterben.“

Braucht es die Widerspruchslösung?
Um die maue Quote zu verbessern, fordern die Fachgesellschaften die Politik auf, eine Widerspruchslösung einzuführen. Sie würde jeden Bürger, der nicht ausdrücklich widerspricht, zum potenziellen Organspender machen. Eine solche Regelung gilt in zahlreichen anderen europäischen Ländern, darunter Österreich, Italien, Belgien, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande. Dort stehen wesentlich mehr Spenderorgane bereit, wovon am Ende auch die unterversorgten Deutschen profitieren: Im vergangenen Jahr stammte etwa jedes achte der 350 in Deutschland transplantierten Spenderherzen aus einem dieser Staaten mit Widerspruchslösung.

Dennoch fanden sich bisher in Berlin keine politischen Mehrheiten für eine solche Regelung. So bleibt einstweilen jeder Bundesbürger aufgerufen, sich aktiv mit der Frage zu befassen, ob man nach dem eigenen Tod noch zum möglichen Lebensretter für andere Menschen werden will – und sich bei positivem Ausgang der Überlegungen einen Organspenderausweis anzuschaffen und gegebenenfalls auch ins Organspender-Register einzutragen. Prof. Holger Thiele, Past-President der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, ruft dringend dazu auf: „Jedes gespendete Organ ist ein potenzieller Neuanfang für ein schwerkrankes Kind oder eine Mutter oder einen Vater, die vielleicht sonst keine Chance auf Überleben hätten.“