KHK und Psyche: ein prekäres Wechselspiel

Wer unter koronarer Herzkrankheit leidet, hat ein erhöhtes Risiko für Depressionen und Ängste. Diese wiederum können sich als Stressfaktoren ungünstig auf die Herzgesundheit auswirken – ein potenzieller Teufelskreis.

Auf rund fünf Millionen schätzt die Deutsche Herzstiftung die Zahl der Bundesbürger, die von einer koronaren Herzkrankheit (KHK) betroffen sind. Viele von ihnen wissen noch nichts von ihrer Gefährdung, denn eine KHK kann lange Zeit beschwerdefrei verlaufen – sogar bis zum Worst Case, einem Herzinfarkt, den die Patienten völlig überraschend erleiden. Vor allem Frauen registrieren im Vorhinein oft keine oder unspezifischere Symptome.

„Ein Herzinfarkt ist immer ein potenziell traumatisierendes Ereignis. Umso mehr gilt das, wenn die Betroffenen sich herzgesund wähnten, weil sie keine Beschwerden hatten oder ihre Beschwerden falsch deuteten“, erklärt der Kardiologe und Internist Dr. Rüdiger Zorn von der KranoldPraxis in Berlin-Lichterfelde. „Für die Psyche kann jedoch bereits eine KHK-Diagnose eine enorme Belastung darstellen.“

Manche KHK-Patienten berichten etwa von einem gestörten Vertrauen in den eigenen Körper, von einem negativeren Selbstbild, nachdem sie sich zuvor gesund und stark gefühlt haben. Möglicherweise stehen auch Lebenspläne infrage. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen mit bisherigen Gewohnheiten gebrochen werden muss, wenn die kardiovaskuläre Gefährdung reduziert werden soll – vom Rauchen über Alkoholkonsum bis hin zur herzschädlichen Ernährungsweise. Kulminieren kann dies alles in einer Depression oder in übermäßigen, lähmenden Ängsten.

Auf konkrete Patientenängste eingehen
„Aufgrund dieses Stresspotenzials kommt dem vertrauensvollen, ausführlichen Gespräch zwischen Medizinern und Patienten bei einer Diagnose wie KHK große Bedeutung zu“, betont Dr. Zorn. Es gelte, ein realistisches Bild der Situation und der Perspektiven zu vermitteln, auf konkrete Patientenängste einzugehen und auch die Gründe für Zuversicht nicht aus dem Fokus zu verlieren.

Wenn die seelische Last gelindert wird, kommt dies auch dem Herzen zugute. Denn psychischer Stress kann sich schädigend auf das Herz-Gefäß-System auswirken, unter anderem indem er den Puls und den Blutdruck hochtreibt. Depressionen erschweren zudem die Therapietreue und eventuell nötige Lebensstilveränderungen. So kann es zu einem Teufelskreis aus Herzerkrankung und psychischem Leiden kommen, der in der Kardiologie erst seit einigen Jahren in seiner Tragweite erkannt und adressiert wird. Eine ganzheitliche Herzmedizin ist mithin gut beraten, den gesamten Menschen in den Blick zu nehmen.